Wir alle müssen jetzt nochmals neu Geduld lernen. Kinder, Jugendliche, Eltern, Lehrerinnen und Lehrer, Großeltern, Geschäftsleute, Künstlerinnen und Künstler, Menschen in leitenden Positionen: Wir alle stehen jetzt in Geduldsproben. Es hat keinen Sinn, vorschnell die Vorsichtsmaßnahmen aufzugeben. Es nützt niemandem, wenn wir leichtsinnig werden.
Ich stelle mir vor, wie schwierig es für die Kinder und für die Jugendlichen ist, so viel zuhause zu sein. Sie brauchen den Umgang mit den Gleichaltrigen. Und sie brauchen andere erwachsene Bezugspersonen zusätzlich zu ihren Eltern. Normalerweise können Großeltern einiges auffangen. Aber das geht nun auch nicht. Manche Großeltern finden Wege, um dennoch ihren Kindern und Enkelkindern beizustehen. Eine Freundin erzählte mir, dass sie für ihren kleinen Enkelsohn ein Buch aufgenommen hat. Nun kann er ihre Stimme hören und der spannenden Geschichte lauschen, die er so gerne mag. Auf diese Weise ist seine Mutter immer wieder eine Weile entlastet. Welch eine schöne Idee!
Dieses Mädchen ist viel zu früh geboren. Ihre Mutter geriet während der Schwangerschaft in so große gesundheitliche Probleme, dass das Kind per Kaiserschnitt geholt werden musste. Alle dachten, dass sie sterben wird. Aber sie starb nicht. Sie wurde in den Brutkasten gelegt. Sie war so winzig, dass man sie noch gar nicht auf den Arm nehmen konnte. In den Adern steckten die Schläuche. Aber sie lebte. Und sie gedieh. Tag für Tag, Woche um Woche verging. Sie wuchs. Irgendwann durfte sie auf der Brust der Eltern liegen, gut zugedeckt. Ich stelle mir vor, wie sich die Stunden hinzogen. Im Krankenhaus scheint ja die Zeit manchmal stille zu stehn. Man vergisst sogar, welcher Wochentag ist. Aber die Eltern hatten das Ziel vor Augen, dass dieses Kind lebensfähig werden soll. Die Großmutter hatte eine unglaublich schöne Vision: Sie sah das Mädchen mit langen blonden Haaren vor sich. Es lief vergnügt über eine Wiese. Mit dieser Vision tröstete sie sich selbst und die Eltern des Kindes. Tatsächlich war es eines Tages so weit, dass der Säugling mit den Eltern nachhause durfte. Es holte den Entwicklungsrückstand auf. Das Mädchen entwickelte sich zu einem klugen, phantasievollen, sensiblen Kind. Welch ein Geschenk! Wodurch ist das möglich geworden? "Es ist die Liebe zum Leben", sagt die Großmutter. Worum geht es im Leben in erster Linie? "Liebe", sagt das Mädchen. Ich habe die Worte von beiden in den Hintergrund dieses Portraits hineingeschrieben. Es hat mir sehr viel bedeutet, dass ich dieses Mädchen kennenlernen und ihr Portrait malen durfte.
Menschenleben sind wichtiger als Geld verdienen. Wer das Leben liebt, braucht Geduld. Geduld mit sich selbst und den anderen. Heute und morgen und an jedem neuen Tag.
Ich wünsche Ihnen allen und Euch allen einen guten Tag.
Gabriele Koenigs
Lobe den Herren, der künstlich und fein dich bereitet.
Der dir Gesundheit verliehen, dich freundlich geleitet.
In wieviel Not
hat nicht der gnädige Gott
über dir Flügel gebreitet!
Viel Freude beim Anhören und Mitsingen.
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