Manchmal fühlen wir uns mutterseelenallein. Wir haben uns zurückgezogen, oder die anderen haben sich zurückgezogen. Freiwillig oder notgedrungen: Es kann viele Gründe haben. Wir sind völlig allein, so wie diese Paddlerin auf dem See. So etwas kann sich anfühlen, als sei man verloren und verlassen. Oder man kann tiefer hinspüren und eine neue Sicht entdecken.
Um mich ist so viel Leben. Da sind die Fische im See und die Vögel in der Luft. Das Wasser, das mich trägt. Der Atem in meinen Lungen. Die Sonne, die sanft meine Haut berührt. Die frische Brise des Windes. Menschen am Ufer, und Menschen in anderen Booten. Vielleicht sieht mich jetzt gerade jemand von ferne und macht sich Gedanken über mich. Ich denke an jemand, der mir am Herzen liegt, mit dem ich verbunden bin.
Ich bin gar nicht allein. Es sieht nur so aus, als sei ich allein. Ich bin mit allem verbunden, was ist. Ich bin ein Teil von allem.
Ich bin wie ein Wassertropfen im Meer. Er ist verbunden mit den anderen Tropfen, die auch da sind. Gemeinsam lassen wir uns bewegen. Gemeinsam bilden wir das Meer. Ja: Ich bin nur ein Tropfen. Aber ich bin ein Teil des Meeres. Ich bin das Meer. Welch ein umwerfender Gedanke!
Meine Grenzen werden ganz weit. Ich werde durchlässig und spüre die tiefe Verbundenheit mit allem, was ist. Ich spüre auch die Verbundenheit zur göttlichen Quelle des Lebens. Jeder Wassertropfen kommt aus dieser Quelle. Ohne Gott wäre ich nicht.
In der Natur können wir so etwas besser spüren als drinnen im Zimmer. Drinnen verfallen wir viel leichter in Selbstmitleid und kreisen um uns selbst. Draußen ist die Wahrnehmung offener. Draußen stehen wir nicht selbst im Mittelpunkt. Draußen werden wir leichter. Darum ist es für depressive Menschen die beste Therapie, regelmäßig nach draußen zu gehen und sich dort zu bewegen. Spazierengehen, joggen, rudern, schwimmen, Fahrradfahren: Alles das taugt, um aus dem lähmenden Gefühl der Einsamkeit herauszukommen. Und alles das taugt, um die Lebenskraft zu spüren. Je anstrengender die Bewegung ist, desto deutlicher ist die Lebenskraft zu spüren.
Einsamkeit ist eine Illusion. In Wahrheit sind wir ganz tief verbunden.
Interessanterweise spüren wir das manchmal am besten in solchen Momenten, in denen tatsächlich niemand anderes um uns ist. Darum haben sich die Gottsuchenden mit Absicht oft an einsame Orte zurückgezogen, für kürzere oder längere Zeit. In der Abgeschiedenheit wird vieles klarer. Ich brauche solche Zeiten auch unbedingt. Ohne solche Zeiten werde ich ungenießbar.
Fürchten Sie sich nicht vor der Einsamkeit. Gott ist gegenwärtig.
Ich wünsche Ihnen allen und Euch allen einen guten Tag!
Gabriele Koenigs
Hier hören Sie eine Meditation über die Verse des christlichen Mystikers Gerhard Tersteegen:
Gott ist gegenwärtig.
Eine Strophe daraus:
"Wie die zarten Blumen
willig sich entfalten
und der Sonne stille halten
Lass mich so
still und froh
deine Strahlen fassen
und dich wirken lassen"
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