Hier und heute

Alles blüht. Nicht nur im Garten. Auch die Wiesen und Wegränder und der Wald sind voller Blüten. Flieder und Maiglöckchen sind da, der Raps blüht, die ersten Knospen von Mohn und Rosen sind auch schon zu sehen.  Welch eine Wonne! Welch eine Vielfalt an Farben, Formen und Düften. An manchen Düften kann man sich geradezu berauschen. 

Die meisten wilden Blumen blühen nur für kurze Zeit und sind gar nicht als Schnittblumen geeignet. Mohnblumen kann man kaum nachhause bringen. Schon auf dem Weg fallen meistens die Blütenblätter ab. Viel besser ist es, sie stehen zu lassen und sich an ihrer wilden Pracht zu freuen. 

Mohnblüten sprechen zu mir von der Schönheit und Zartheit und von  der Vergänglichkeit des Lebens. Sie sprechen zu mir auch von der Notwendigkeit, im Jetzt zu leben. 

Morgen bin ich vielleicht schon gar nicht mehr. Aber jetzt stehe ich. Jetzt zeige ich mich. Jetzt tue ich meinen Dienst. Jetzt lasse ich mich von Sonne, Wind und Regen berühren. Jetzt öffne ich mich. Jetzt gebe ich mich. 

Oft sind wir Menschen viel zu sehr mit dem Gestern und dem Morgen beschäftigt. Wir hängen fest in unseren Erinnerungen. Oder wir grübeln über das, was kommen wird. Aber das Gestern ist vorbei. Wir können nichts mehr daran ändern. Und das Morgen ist uns unbekannt. Wir finden erst heraus, wie es ist, wenn es da ist. Was wir leben, leben wir immer heute, jetzt und hier. Tag für Tag, Schritt für Schritt. 

Vor uns waren andere schon da. Mit uns zusammen sind andere. Und nach uns werden auch welche sein. Im Grunde ist es nicht viel anders als auf der Wiese. Wir gehören hinein in die Kette der Generationen. Das Leben  ist viel größer als wir selbst. Wir erfahren nur einen kleinen Ausschnitt davon. 

In einem Psalm heißt es: "Alles Fleisch ist wie Gras, und alle seine Herrlichkeit ist wie des Grases Blume. Wenn der Wind darübergeht, so ist sie nicht mehr, und ihre Stätte kennet sie nicht mehr. Aber die Herrlichkeit des Herrn währet ewiglich... " 

Freut euch des Lebens. Genießt den Tag. Genießt auch den Regen. Lasst euch beträufeln mit Wonne, wie die Blumen und wie die Kinder. 

Ich wünsche Ihnen allen und Euch allen einen schönen Maientag.

Gabriele Koenigs 

Der Rundfunkchor Berlin singt das fröhliche Maienlied: Wie lieblich ist der Maien...

Viel Freude am Anhören und Mitsingen. 

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