Ich will dir singen und spielen...

"Mein Herz ist bereit, o Gott,

mein Herz ist bereit. 

Ich will dir singen und spielen, 

wach auf, meine Seele ..." 

Dieses Lied stammt von meinem Freund Mark Fox. Es ist eines meiner Lieblingslieder. Wir haben es in Seminaren und bei Konzerten oft und oft gesungen. Ich brauche keine Noten dafür. Durch das viele Singen ist es so tief in mich eingegangen, dass es sofort wieder da ist, wenn ich daran denke. 

So geht es vielen Menschen mit Liedern. Die Lieder, die wir oft gesungen haben, sind so tief in uns verankert, dass sie jederzeit abrufbar sind. Sie sind wie ein Schatz, der unverlierbar ist. 

Vor einiger Zeit war ich bei einem Seminar, an dem auch ein älteres Ehepaar teilgenommen hat. Er war immer ein wenig abwesend. Er war nett und sah gut aus. Aber es war kaum möglich, mit ihm ins Gespräch zu kommen. Seine Frau ist nicht von seiner Seite gewichen. Irgendwann ließ sie durchblicken, dass er sich sonst im Seminarhaus verirren würde. Er war im Anfangsstadium einer Demenz. Sie hat  alles überbrückt und ihm möglich gemacht, als Teilnehmer dabei zu sein. Wir haben auch bei diesem Seminar viel gesungen. Jede und jeder durfte einmal im Mittelpunkt des Kreises sein und ein Lied singen. Michael, unser Seminarleiter, hat uns dabei mit der Gitarre begleitet. Der demente Teilnehmer wählte das Lied von Louis Armstrong: "What a wonderful world…" (übersetzt: Welch wundervolle Welt...) . Es war ein ergreifender Moment für mich und für uns alle, als er da stand und dieses Lied sang. Es war kein bisschen Unsicherheit da. Er kannte jedes Wort und jeden Ton. Mit großen Gesten hat er unterstrichen, was er sang. Es war einfach brilliant. Das Lied gab ihm die Gelegenheit das auszudrücken, was er  mit Worten nicht mehr ausdrücken konnte. 

Ich singe schon immer. Meine Großmutter hat mir die ersten Lieder beigebracht. Sie fand zwar, ich sei entsetzlich unmusikalisch. Aber sie gab es nicht auf mit mir. Sie sang trotzdem mit mir. Und ich lernte immer mehr Lieder. Und ich erfand immerwährend meine eigenen Lieder. Wenn ich alleine war, sang ich und summte ich vor mich hin und legte meine ganze Seele da hinein. Es tröstete mich. Es machte mir Mut. Und es war mir völlig egal, wie es klang. Es war ja nicht für Zuhörer bestimmt. Es war nur für mich und meinen Gott. 

Immer wieder war ich Mitglied in Chören. Wir haben schlichte Choräle gesungen und große Werke aufgeführt. Es war ergreifend, in Maulbronn in der Klosterkirche das "Deutsche Requiem" von Brahms und den "Großen Lobgesang" von Mendelssohn zu singen, zusammen mit dem Rundfunkorchester des Südwestfunks und hochkarätigen Solisten. Welch eine leuchtende Erinnerung! 

Singen verbindet. Singen führt uns über uns selbst hinaus. Singen drückt aus, was in uns ist: Gottessehnsucht, Staunen, Jubel, Traurigkeit, Dank und Hoffnung. 

Ich will dem Herrn singen, solange ich lebe

und meinem Gott lobsingen, solange ich bin.

Ich wünsche Ihnen allen und Euch allen einen schönen Sonntag!

Gabriele Koenigs 

Hier kommt eine Fantasie für Bläser zu dem Choral: "Sollt ich meinem Gott nicht singen? Sollt ich ihm nicht dankbar sein?

Viel Freude beim Anhören! 

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