Vertrauen

Über einem Markplatz ist ein Hochseil gespannt. Der Platz ist voller Menschen. Sie stehen dicht an dicht, die Köpfe nach oben gereckt. Alle möchten das Kunststück sehen. Auf dem Seil ist ein Hochseilakrobat. Er schiebt eine Schubkarre über das Seil. Er wirkt ganz klein da oben. Die Menge hält den Atem an. Er hat kein Netz unter sich. Schritt für Schritt geht der Akrobat über das Seil. Es schwankt. Manchmal verharrt er einen Moment, dann geht es weiter. Schließlich erreicht er das Ende des Seils. Begeisterter Applaus bricht aus. Schnell macht sich der Akrobat auf den Rückweg und erreicht wieder sein Ziel. Der ganze Platz jubelt. „Zugabe“, rufen die Zuschauer.

Der Akrobat gibt ein Zeichen. Die Menge verstummt. Von oben ruft er herunter: „Wer von euch traut sich? Wen darf ich mit meiner Karre über das Seil fahren?“ Niemand antwortet. Es ist still, sehr still. Dann hört man eine Kinderstimme: „Ich komme!“ Ein Junge klettert nach oben. Der Akrobat gibt ihm die Hand und setzt ihn in die Karre. Die Fahrt beginnt. Hin und wieder zurück. Atemlose Stille. Donnernder Applaus.

Das Kind klettert aus der Karre und steigt wieder nach unten. Alle stürzen sich auf das Kind: „Warum hast du das mitgemacht? Wie konntest du das wagen?“ Das Kind antwortet: „Der da oben ist mein Vater!“

 

(Die Geschichte ist mündlich überliefert. Die Quelle ist mir unbekannt).

 

 

Dieses Kind hat völliges Vertrauen zu seinem Vater. Bestimmt haben sie das Kunststück oft geübt. Der Junge hat geübt, auf das Seil zu steigen und sich dort oben zu bewegen. Sie vertrauen einander: Der Vater dem Sohn, der Sohn dem Vater. Sie können sich aufeinander verlassen.

 

Dieses Vertrauen ist auch in der Bibel bezeugt. Jesus Christus, der Gottessohn, und der himmlische Vater haben völliges Vertrauen zueinander. „Als die Zeit erfüllt war, sandte Gott seinen Sohn“, steht in der Bibel. Ohne ihr gegenseitiges Vertrauen wäre das nicht möglich gewesen. Allerdings konnte Jesus das Leben nicht vorher üben. Er musste es nehmen, wie es kam, von der Geburt im Stall bis hin zu Kreuz und Auferstehung. Er nahm jeden Tag im Vertrauen auf die Liebe des Vaters. Er hat uns dieses Vertrauen vorgelebt. 

 

Auch wir konnten das Leben nicht vorher üben. Wir hatten bis hierher keine Ahnung, wie man mit einer Pandemie leben kann. Wir konnten uns gar  nicht vorstellen, auf wieviel  man verzichten kann und muss. Und wir wissen gar nicht, was noch auf uns zukommt. Wir brauchen großes Vertrauen, um weiter unterwegs zu sein, Schritt für Schritt. Das Leben fühlt sich jetzt wirklich manchmal an wie ein Drahtseilakt. Aber es ist dennoch möglich, Gott sei Dank. Auch wir sind Gotteskinder. Leben wir ganz im Vertrauen, und seien wir füreinander da. 

 

"Seht, welch eine Liebe hat uns der Vater erzeigt, dass wir Gottes Kinder heißen - und wir sind es auch!" 

 

Frohe Weihnachten!

Gabriele Koenigs

 

 

 

 

 

 


Hier kommt noch ein Weihnachtskonzert, welches in einer leeren Kirche für  uns aufgezeichnet wurde. Das Calmus-Ensemble singt Weihnachtsmusik, kunstvoll und beschwingt. Manches klingt geradezu tänzerisch. Viel Freude beim Anhören! 

 

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