Verbunden

Vor 10 Tagen hatte ich meinen ersten Impftermin für die Corona-Schutzimpfung. Ich fuhr zusammen mit meinem Mann in das Impfzentrum des Landkreises Freudenstadt. Er hatte seinen Termin 2 Stunden früher.

Vor dem Haus hatte sich eine kleine Schlange von Wartenden gebildet. Der Sicherheitsdienst ließ immer nur 2 – 3 Leute eintreten und wies uns zu dem Tisch, an dem wir registriert wurden. Wir merkten rasch, dass die Abläufe eine gut durchdachte Ordnung haben.  Zugleich waren sie nicht starr. Denn am Empfang boten sie mir an, meinen Termin vorzuziehen, so dass ich nicht weitere 2 Stunden warten muss. Das hat uns beide sehr gefreut.

Im Empfangsbereich arbeiteten vorwiegend Leute einer privaten Sicherheitsfirma. Danach wiesen junge Bundeswehrsoldaten den Weg von Station zu Station. Eine große Halle war durch Stellwände in viele Bereiche mit kleinen Kabinen aufgeteilt. Es wirkte wie ein gigantisches Labyrinth. Ohne die Hilfe der jungen Soldaten hätte sich hier niemand zurechtfinden können. Aber diese hatten alles im Blick und zeigten sehr freundlich den Weg. Die Schilder waren in deutsch, englisch und türkisch beschriftet.  Eine junge Muslima, vollkommen verhüllt, füllte mit mir einen Anamnesefragebogen aus. Offensichtlich ist sie in Deutschland aufgewachsen. Sie sprach bestes Hochdeutsch mit leichtem schwäbischem Akzent. Für das ärztliche Aufklärungsgespräch landete ich bei einem freundlichen Arzt mit arabischem Namen. Er nahm sich Zeit für das Gespräch und flocht immer wieder Scherze ein, um es leichter zu machen. Für die Impfung kam ich zu einer Frau mittleren Alters, die das Ganze routiniert und schnell durchführte. Nach der Impfung mussten alle eine Viertelstunde in einem großen Raum sitzen bleiben, sicherheitshalber, falls jemand eine starke Impfreaktion haben würde. Beim Eintreten in den Raum und beim Verlassen wurde die Uhrzeit notiert, so dass niemand zu früh gehen konnte.

Die Freundlichkeit und Höflichkeit aller Beteiligten war etwas Besonderes. Sie behandelten uns nicht wie Bittsteller, sondern als willkommene Besucher. In einem Videofilm wurde gesagt: „Danke, dass Sie gekommen sind und somit Ihren Beitrag zur Bekämpfung der Pandemie leisten!“

Mich hat beeindruckt, dass Leute aus ganz verschiedenen Bereichen unserer Gesellschaft, die sonst kaum etwas miteinander zu tun haben, an dieser Stelle so gut Hand in Hand arbeiteten. Auch die Besucherinnen und Besucher waren bunt gemischt: Erwachsene aller Altersgruppen und sozialer Stellung. Die Unterschiede von Weltanschauungen, Religionen, Sprachen, Umgangsformen und Auftreten spielten hier keine Rolle. Wir alle hatten ein gemeinsames Anliegen. Wir spürten unsere Verbundenheit, über alle Unterschiede hinweg. 

Ich bin sehr dankbar und froh, dass ich nun meine erste Impfung bekommen habe. Und diese Erfahrung der Verbundenheit beschäftigt mich immer noch. Wann sonst in unserem Leben ist das so deutlich zu spüren?

Wir verlieren es leicht aus dem Blick, wie sehr wir zusammengehören, als Bürgerinnen und Bürger eines Landes, als Glieder der Menschheitsfamilie. Keines von uns kann ohne die anderen bestehen. Wir brauchen einander. Mein großer Dank geht an alle, die sich in den Dienst der Gemeinschaft stellen, wo auch immer.

Ich wünsche Ihnen allen und Euch allen einen schönen Sonntag und eine gute Woche.

Gabriele Koenigs 

Anfang Juni wird mein neues Buch erscheinen, in dem die Ermutigungen der letzten Wochen gesammelt sind. Bis zum 15. Mai können Sie es zum Sonderpreis vorbestellen. 

Hier kommt ein Lied von Christoph Zehnender. Viel Freude beim Anhören und Mitsingen! 

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