Ein Licht für dich

Bianca wohnt in der Nähe von Baden‐Baden. Heute ist sie mit einem besonderen Anliegen hierhergekommen. Sie möchte in der Spitalkirche drei Kerzen anzünden und beten. Zwei Menschen trägt sie heute ganz besonders im Herzen: Ihre Schwester und eine Freundin. Beide sind krank.

Biancas großes Herz ist voller Mitgefühl. Sie weiß nicht so recht, wie sie helfen kann. Aber sie hofft: Gott wird helfen. Gott wird einen Weg wissen. Sie öffnet die Tür der kleinen Kirche. Es ist nicht völlig still dort drinnen. Leise Musik ist zu hören. Musik voller Anbetung und Vertrauen, ganz dezent. Gerade richtig, um in das Gebet hineinzufinden. Das Sonnenlicht scheint durch die bunten Fenster. Bunte Lichtreflexe tanzen über den Fußboden und über die Stühle. Bianca liebt es, diesem heiteren Tanz des Lichtes zuzusehen. Ein Schmunzeln kommt über ihr Gesicht. Welch eine Heiterkeit ist hier drinnen, welch ein Frieden! Sie kommt so gerne hierher.

Sie ist nicht die Einzige hier. Immer wieder geht die Türe auf. Menschen aus vielen Ländern und Kulturen sind in Baden‐Baden unterwegs. Manche sehen sich in der Kirche um: Scheu, respektvoll, interessiert, je nachdem. Andere steuern ganz gezielt auf die Kerzenecke zu. Sie ist unübersehbar. Sie ist wie ein Magnet. In einer schön geformten Schale stecken dünne, honigfarbene Kerzen. Ihr warmes Licht spiegelt sich in dem goldenen Spiegel hinter dem Gefäß. Auch hier tanzt das Licht seinen stillen Tanz. Ist ein Kerzenflämmchen erloschen, wird bald das nächste entzündet.

Bianca nimmt eine Kerze in die Hand und zündet sie an einer anderen an, die bereits brennt. Still bleibt sie stehen. Sie weiß nicht im Vorhinein, was sie beten soll. Ihr Herz bringt die Worte hervor. Gott wird verstehen. Gott wird helfen. Gott braucht keine druckreifen Gebete, keine Formeln. Sie redet schlicht, wie ein Kind, voller Vertrauen. Schließlich steckt sie die Kerze in das Gefäß. Sie nimmt sich noch eine Kerze. Sie denkt an die Kranke und versucht sich vorzustellen, was jetzt in ihr vorgeht. Sie bittet um Gottes Hilfe, eindringlich. Dann steckt sie auch diese Kerze in das Gefäß. Schließlich zündet sie noch eine dritte Kerze an. Sie denkt an die Menschen in Russland und in der Ukraine und an die vielen, die auf der Flucht sind. Niemand weiß jetzt den Ausweg. "Gott, zeige uns Wege zum Frieden!" Als auch diese dritte Kerze im Sand steckt, tritt Bianca wieder zurück. Sie macht Platz für die Nächsten.

Aus der Entfernung macht sie noch ein Foto von ihren brennenden Kerzen. Später schickt sie es mir. „Ich habe in der Spitalkirche für dich gebetet“, schreibt sie mir. Sie weiß, dass mir diese Kirche auch sehr viel bedeutet. Zweimal durfte ich dort meine Bilder ausstellen. Schon vor mehreren Jahren habe ich diese Kerzenecke gemalt. Viele Stunden habe ich in dieser Kirche verbracht, zusammen mit den Beterinnen und Betern und Besucherinnen und Besuchern aus aller Welt. Und nun brannte dort eine Kerze für mich. Das hat mich sehr berührt. Auch andere Freundinnen und Freunde meiner Kunst haben für mich gebetet. Es war sehr besonders für mich, das zu erfahren. Ich spürte, wie sehr ich ihnen am Herzen liege und wie wichtig es ihnen ist, dass ich weiterhin malen und schreiben und unterrichten kann. Ich fühlte mich umhüllt und getragen von ihrem Wohlwollen, ihren Gebeten und ihren guten Wünschen.

Fürbitte ist etwas Wichtiges. Wir nehmen uns das Leid von anderen zu Herzen und legen es Gott ans Herz. Fürbitte stärkt die Verbindung untereinander und die Verbindung zu Gott. Wir vertrauen auf die Weisheit, die höher ist als unsere Gedanken. Und wir empfangen den Frieden, der höher ist als unsere Vernunft.

Das göttliche Licht leuchtet denen,

für die gebetet wird.

Und es leuchtet den Beterinnen und Betern.

Es leuchtet auch für dich.

Ich wünsche euch allen und Ihnen allen einen schönen Sonntag und eine gute Woche

Gabriele Koenigs

Dieser Text ist eine Kostprobe aus meinem neuen Buch, das vor wenigen Tagen erschienen ist. Sie können es in der Ausstellung in Marbach mitnehmen. Das erspart Ihnen Portokosten und mir bürokratischen Aufwand. Wenn Sie nicht nach Marbach kommen können, schicke ich Ihnen das Buch natürlich gerne zu. 

Ich lade Sie und Euch alle sehr herzlich ein zur Ausstellungseröffnung in der Alexanderkirche in Marbach am Neckar. Sie findet am kommenden Freitag, den 19.8.2022, um 18 Uhr statt. Die musikalische Gestaltung übernehmen Gudrun Specht (Klavier) und Hanna Gofferje (Gesang). Dekan Graf, der Gastgeber der Ausstellung, wird uns begrüßen. Und ich werde einiges zum Ausstellungsthema sagen und 3 Bilder einführen. Anschließend gibt es viel Raum für geselliges Beisammensein und Begegnungen. Ich bin sehr gespannt, wer sich auf den Weg macht, und freue mich auf die Begegnungen! 

Hier kommt ein schönes Lied aus Taizé zum Anhören und Misingen. 

Deutsche Übersetzung: Lobe den Herrn, meine Seele. Er führt mich ins Leben. 

(Dies ist eines der Lieder, welches in der Spitalkirche leise über Lautsprecher eingespielt wird. Und Sie werden hören: Viele Sprachen kommen darin vor. Denn Menschen aus der ganzen Welt lieben die Lieder aus Taizé). 

Videos bei youtube sind mit Werbung verbunden. Sie können die Werbung deutlich verkürzen, indem Sie auf die Schaltfläche klicken: Werbung überspringen. 

Viel Freude beim Singen und Hören!