Du siehst mich

ausgelassen. Aquarell von Gabriele Koenigs (2023). Im Passepartout für Bilderrahmengröße 50 x 50 cm. Erhältlich als Kunstkarte und als Original
ausgelassen. Aquarell von Gabriele Koenigs (2023). Im Passepartout für Bilderrahmengröße 50 x 50 cm. Erhältlich als Kunstkarte und als Original

Lebensfreude ist nicht nur im Herzen zu spüren. Sie pulsiert auch durch Hände und Füße, durch den ganzen Leib. Kinder wurden dennoch lange Zeit dazu angehalten, dies zu unterdrücken.

„Sitz doch endlich mal still!“ „Hör mit dem Zappeln auf!“ Jeden Tag hört Gillie diese Ermahnungen ungezählte Male. Sie hat es schon oft versucht. Aber sie kann es einfach nicht.
Draußen geht es ihr gut. Sie klettert auf Bäume. Auf der Wiese schlägt sie Purzelbäume und Rädchen. Sie rennt durch die Straßen. Mit ihrem Freund übt sie den Handstand. Sie liebt es, die Welt verkehrtherum zu betrachten. Alles sieht so komisch aus von hier. Sogar die Erwachsenen mit ihrer ganzen Ernsthaftigkeit und Geschäftigkeit.

In der Schule hat sie nichts zu lachen. Dauernd wird sie gestraft und ermahnt. „Alle können stille sitzen, nur du nicht!“ „Reiß dich zusammen!“ Es ist ihr so langweilig, dass sie sich überhaupt nicht konzentrieren kann. Alles rauscht an ihr vorbei Sie begreift gar nichts von dem, was sie hier lernen soll. Wenn sie mit den schlechten Noten nach Hause kommt, wird sie von den Eltern nochmals bestraft. Hausarrest ist das Schlimmste. Eingesperrt sein in der engen Wohnung, das ist ein Alptraum für sie.

Eines Tages wird ihre Mutter in die Schule bestellt. „Dies Kind ist einfach zu beschränkt. Sie wird hier niemals etwas lernen“, sagt die Lehrerin. „Sie kann ja nicht einmal 10 Minuten stille sitzen! Sie stört den Unterricht.“ Eine andere Lehrerin gibt ihr Recht. „Gehen Sie mit ihr zum Arzt!“

Ein alter Nervenarzt empfängt die beiden. Er lässt sich erzählen, was das Problem ist. Gillie sagt beinahe nichts. Sie sitzt auf ihren Händen, um wenigstens diese ruhig zu halten. Aber die Füße wippen unaufhörlich hin und her. Der Nervenarzt beobachtet das Kind, während er mit der Mutter spricht. Nach einer Weile sagt er: „Ich muss noch eine Weile mit deiner Mutter alleine sprechen. Danach kommen wir wieder zu dir. Damit es dir solange nicht langweilig ist, stelle ich dir das Radio an.“ Er sucht einen Musiksender im Radio und geht dann mit ihrer Mutter aus der Tür.
Sowie Gillie allein ist, steht sie auf. Die Musik fährt ihr in die Beine. Sie beginnt zu tanzen. Selbstvergessen dreht sie sich im Raum. Ihr Gesicht hellt sich auf.

Von draußen können die beiden das Kind sehen. Denn der Arzt hat einen speziellen Spiegel anbringen lassen, durch den er in das Behandlungszimmer hineinschauen kann. Sie sehen das Kind, welches sich so freudig tanzend bewegt. „Schauen Sie mal“, sagt er zur Mutter. „Gillie ist eine Tänzerin! Sie muss sich bewegen, um glücklich zu sein. Ich würde ihr keine Medizin geben. Sie ist gesund. Ich empfehle Ihnen, dass sie Tanzstunden bekommt.“

Nach der ersten Ballettstunde kommt Gillie wie ein Wirbelwind zur Tür hinein. „Niemand sitzt dort still! Alle bewegen sich! Sie sind wie ich!“ Ihr Gesicht leuchtet. Sie ist wie befreit. Nun warten neue Abenteuer. Sie ist voller Erwartung und Eifer.

Tatsächlich wurde aus Gillian Barbara Lynne (1926 – 2018) eine große Ballerina. An vielen Theatern trat sie auf. Und sie erschuf Choreographien für Musicals. Sie eröffnete ihr eigenes Theater. Sie arbeitete in London und am Broadway in New York. Im hohen Alter von 88 Jahren wurde sie von Queen Elizabeth in den Adelsstand erhoben, zur Anerkennung ihrer Verdienste.

 

Wie gut, dass dieser Arzt gesehen hat, was in ihr steckt. 

 

In unserer diesjährigen Jahreslosung heißt es: "Du bist ein Gott, der mich sieht." Wie gut ist es, mit diesem Vertrauen zu leben. Jemand ist da, der uns durch und durch kennt und versteht. 

 

Ich wünsche Ihnen allen und Euch allen einen schönen Sonntag und eine gute Woche

Gabriele Koenigs


Hier können Sie ein schönes Lied zur Jahreslosung hören, komponiert von Peter Menger.  Viel Freude dabei! 

 

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