standhalten

Lebenskraft. Aquarell von Gabriele Koenigs (2009). Privatbesitz
Lebenskraft. Aquarell von Gabriele Koenigs (2009). Privatbesitz

Vorgestern besuchte ich eine Frau, die ich sehr gerne mag. Es geht ihr nicht gut. Sie steckt gerade tief in einer Depression. Wir hatten abgemacht, dass ich zu ihr komme und eine Weile mit ihr spazierengehe. Als ich im Zug saß, bekam ich eine Nachricht. "Komm heute lieber nicht! Ich fühle mich nicht fähig für einen Besuch!" "Ich antwortete: "Ich sitze schon im Zug und bin bald bei dir. Ich komme auf jeden Fall. Und wenn es dir zu anstrengend ist, gehe ich nach einer halben Stunde wieder." Damit war sie einverstanden.

 

Ich hatte ihr leckeres Brot mitgebracht, das mein Mann frisch gebacken hat, und Butter und Marmelade. Sie hat zur Zeit ganz wenig Appetit. Sie kann sich kaum aufraffen, etwas zu essen. Immerhin aß sie ein Brot mit mir, und dann noch eine Apfelsine. Es schmeckte ihr. Die Unterhaltung ging schleppend. "Gehen wir jetzt noch eine Weile nach draußen", fragte ich. "Ich schaffe das heute nicht", sagte sie. "Ehrlich gesagt: Mir wäre es am liebsten, wenn du mit dem nächsten Zug wieder fährst."

 

Es tat mir sehr leid, dass ich nichts hatte beitragen können, um sie ein wenig aufzuheitern. Ich kann ihr ihre Depression nicht abnehmen, das weiß ich. Sie muss selber hindurch. "Ich zeige mich nicht gerne, wenn ich so übel dran bin", sagte sie. Das verstehe ich gut. Ich habe auch die Tendenz, mich zu verkriechen, wenn es mir nicht gut geht. Aber ich kann es aushalten, sie so elend zu sehen. Denn ich liebe sie - ganz genau so, wie sie ist. Auch mit ihrem elenden Gesicht.

 

Wir nahmen Abschied voneinander. Ich sammelte meine Siebensachen wieder ein. Auf dem Sofa lag das Handy. Ich steckte es ein. Dann ging ich zum Bahnhof, sehr nachdenklich. Am Bahnhof zog ich noch schnell das Handy heraus, um nachzusehen, wie es mit der Zugverbindung klappt. Ich bekam einen riesigen Schreck. Es war gar nicht mein Handy. Es war ihres. So konnte ich nicht losfahren. Sie braucht ihr Handy. Also musste ich umkehren. Ich ging wieder zu ihr zurück. Unterwegs kam ich an einem Baum vorbei, der schon die ersten kleinen Blüten hatte. Ich brach ihr einen Zweig ab. Verwundert öffnete sie mir die Tür. Ich erzählte ihr, was mir passiert war. Und ich gab ihr den Zweig. "Schau mal", sagte ich. "Da sind noch die alten vergammelten Früchte vom letzten Jahr. Und daneben viele kleine grüne Knospen, und sogar schon die ersten Blüten. Das ist ein Zeichen für dich." Sie freute sich sehr über den Zweig und steckte ihn in eine Vase. "Und was nun?" "Draußen ist es ganz schön", sagte ich. "Der Regen hat aufgehört, viele Vögel zwitschern, es ist mild. Mein nächster Zug fährt erst in zwei Stunden". "Dann gehen wir doch noch nach draußen", sagte sie. Sie zog Schuhe und Mantel an. Wir gingen eine flotte Runde am Flüsschen entlang. Wir sahen viele Frühlingsblüher an der Böschung, Schneeglöckchen und Winterlinge. Wir hörten die Vögel zwitschern und schauten auf das Wasser. Wir sprachen nicht sehr viel. Hauptsächlich ging es um das Gehen und Schauen und die frische Luft. Es tat uns beiden sehr gut. "Das hat jetzt so sein müssen", sagte sie beim Verabschieden. "Wie gut, dass du noch einmal zurückgekommen bist!"

 

In einer Woche werden wir uns wiedersehen. Bis dahin geht es ihr hoffentlich besser. Wir stehen das miteinander durch.

 

In dem berühmten Hohelied der Liebe (1. Korinther 13) heißt es: "Die Liebe hält allem stand." Luther hat übersetzt: "Die Liebe duldet alles." Das klingt für mich zu passiv. Es geht nicht nur um das Hinnehmen und Ertragen. Es geht um das Standhalten. Sich nicht erdrücken lassen, nicht einmal von Depression. Dranbleiben. Wiederkommen. Die eigene Schusseligkeit mit Humor nehmen. Die eigene Ratlosigkeit annehmen. Aushalten, dass die Besserung nicht so schnell kommt. Und darauf vertrauen, dass letztlich alles gut wird. Das möchte ich von der Liebe lernen.

 

Ich wünsche euch allen und Ihnen allen einen schönen Sonntag und eine gute Woche

Gabriele Koenigs


Nun ist es nur noch eine Woche bis zur Eröffnung meiner Ausstellung in der Johanneskirche in Kornwestheim. Meine Vorfreude ist riesengroß. Wer wird zur feierlichen Eröffnung am Sonntag um 11.30 Uhr kommen? Und wer kommt schon am allerersten Öffnungstag am Samstag? Und wie werden die Räumlichkeiten wirken, wenn meine Bilder dort hängen? Ich bin wirklich sehr gespannt. 


Mein neuestes Buch ist erschienen. Dies Buch ist mein erstes Buch, das über den Buchhandel erscheint. Darin erzähle ich in 16 Geschichten und Gemälden vom Werden und Wachsen in meinem Leben. Ich bin über viele Begrenzungen und Blockaden hinausgewachsen. Die Weisheit, die größer ist als alles, hat mich gut geführt.  

Diese Entwicklung geht weiter, Tag für Tag. Ich werde, was ich wirklich bin. 

 

Das Buch hat 80 Seiten und einen festen Einband. Bestellen Sie es über Ihre örtlichen Buchhändler oder über die großen Online-Buchhändler. Bei Thalia.de und Osiander.de bekommen Sie es versandkostenfrei zugeschickt. Es wird auf Anforderung gedruckt. Darum dauert es jedes Mal ein paar Tage, bis es geliefert wird. Umso größer ist die Vorfreude...

 

Wenn Sie mögen, hinterlassen Sie Ihre Bewertung auf dem Online-Portal von Thalia.de und Osiander.de. Das hilft anderen, die sich für das Buch interessieren, und mir. Vielen Dank im Voraus! 


Hier hören Sie den Knabenchor "Libera" aus England mit einem schönen Lied, das zugleich ein Gebet ist: Love shine a light - übersetzt: Möge die Liebe unsere Herzen erhellen. 

 

Und Sie können hören, wie Oliver Fietz das "Hohelied der Liebe" aus dem 1. Brief des Paulus an die Korinther singt. 

 

Und Sie können Oliver Fietz mit seinem Lied hören: Gottes Liebe ist dir nah! 

Viel Freude damit! 

 

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