Die Macht der Gewohnheit

Ich öffne  mich dem Licht. Aquarell von Gabriele Koenigs (2024). Im Passepartout für Bilderrahmengröße 40 cm x 40 cm. Als Original erhältlich
Ich öffne mich dem Licht. Aquarell von Gabriele Koenigs (2024). Im Passepartout für Bilderrahmengröße 40 cm x 40 cm. Als Original erhältlich

In mein Leben hat sich eine Unsitte eingeschlichen. Immer wieder unterbreche ich die Tätigkeit, bei der ich gerade bin, und schaue in mein Handy oder meinen Computer. Gibt es neue Emails, Kommentare auf facebook, SMS und anderes? Ich habe noch nie gezählt, wie oft ich das mache. Wahrscheinlich ist es beinahe unzählbar. Und jedes Mal, wenn ich eigentlich nur in mein Email-Postfach schauen wollte, stolpere ich über einen Artikel, eine Schlagzeile, eine Werbung, eine story. Meistens bleibe ich irgendwo hängen und schaue mir das auch noch an. Dabei kann ich die Zeit völlig vergessen. Die Aufgabe, an der ich eigentlich war, ist inzwischen kein Stückchen weitergekommen. Ich habe ganz viel Zeit verplempert. Ich habe mich dabei auch nicht erholt. Und meistens habe ich auch nicht gleich die Emails und Kommentare beantwortet. Antworten müssen sich bei mir erst entwickeln. Sie kommen nicht sofort. Das liegt mir dann als unerledigte Aufgabe auf dem Herzen, während ich zu meiner eigentlichen Tätigkeit zurückkehre. So raube ich mir Energie, tagtäglich. Ich lasse mich ständig ablenken. 

 

Ich bin nicht die einzige, der es so geht. Wir leben in einer Zeit voller Ablenkungen. Wir folgen den Benachrichtigungstönen auf unseren Handys und lassen uns die Zeit zerstückeln. Wir sind immerzu beschäftigt und schaffen ganz wenig. Ein kluger Mensch namens Cal Newport hat ein Buch darüber geschrieben. Zuerst erschien es auf englisch: "Deep work". Dann auch in deutscher Übersetzung: "Konzentriert arbeiten. Regeln für eine Welt voller Ablenkungen." Ich lese es gerade, mit großem Gewinn.  Und ich übe jetzt, dieses Verhalten zu ändern. Der erste Schritt ist, dass ich entschieden habe, morgens erst dann in mein Handy zu schauen, wenn ich gewaschen bin, gefrühstückt habe, meine Yogaübungen gemacht habe und angekleidet bin. Wie oft habe ich in den letzten Jahren gleich nach dem Aufwachen in das Internet geschaut! Der Laptop lag neben dem Bett oder unter dem Bett, damit ich ihn gleich griffbereit habe. Das habe ich jetzt geändert. Im Schlafzimmer hat er nichts zu suchen. Aber wie oft ertappe ich mich, dass ich auf dem Weg zwischen Badezimmer, Küche, Kleiderschrank und Frühstückstisch abdrifte und zu meinem Handy  laufe. Ich bin drauf und dran, das Handy in die Hand zu nehmen. Das passiert wie automatisch. Das ist die Macht der Gewohnheit. Meistens ertappe ich mich dabei und kann mich selbst stoppen. Es geht besser von Tag zu Tag. Es ist eine Frage von Übung und Disziplin und festem Willen. Ich möchte bessere Gewohnheiten einüben. 

 

"Übung macht den Meister", sagt man. Neue Gewohnheiten fallen uns nicht in den Schoß. Wir müssen dranbleiben. Vor allem, wenn es um die Überwindung von Süchten geht. Das ist richtig harte Arbeit. Arbeit an sich selbst. Jeder trockene Alkoholiker und jede, die von Rauschgift losgekommen ist, kann davon erzählen, was das für ein Kampf ist. Dieser Kampf ist täglich zu bestehen. "Nichts ist schwieriger, als sich selbst zu überwinden. Aber nichts ist befriedigender, als sich selbst überwunden zu haben!" So sagt ein geflügeltes Wort. Ich kann es nur unterstreichen. Ich bleibe dran. 

 

Meine Malschülerinnen haben in einer Kurswoche gelernt, Rosen zu malen. Sie haben viel Geduld gebraucht und hohe Konzentration. Sie haben gelernt, immer feiner zu beobachten und differenzierter mit der Farbe umzugehen. Sie haben sich gar nicht ablenken lassen. Sie haben sich ganz in ihre Aufgabe vertieft.  Innerhalb von einer Woche haben sie riesige Fortschritte gemacht. Ihre Ergebnisse sind atemberaubend schön. Wir haben uns alle sehr daran gefreut. Wenn sie das schaffen, warum sollte ich es dann nicht auch schaffen? Ich bleibe dran. Und ich möchte euch allen und Ihnen allen auch dazu Mut machen. 

 

Ich wünsche euch allen und Ihnen allen einen schönen Sonntag und eine gute Woche

Gabriele Koenigs 

 

 

 


Hier hören Sie wunderschöne Musik zu Versen aus Psalm 43, komponiert von Sebastian Knüpfer, musiziert vom ensemble querelles. Viel Freude dabei! 

 

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Erinnern Sie sich an den Kanon: "Sende dein Licht und deine Wahrheit..." Er ist eine Kurzform aus diesen Versen von Psalm 43. Hier singen 3 Leute den Kanon, und Sie können einstimmen, falls Sie Lust haben. Viel Freude dabei! 

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